Frackingfördergesetz: Bedeutung von Lobbyarbeit steigt

Verpressstelle Wittorf Z1

Teil der Realität: Im Wald bei Grapenmühlen werden ohne Ende flüssige Abfälle der Gasproduktion verpresst: 672 Milliarden Liter sind schon unwiederbringlich im Untergrund verschwunden.

So genannte Schiefergasstudie von A.T. Kearney – an der Realität vorbei

Es geht doch nichts über ein selbstgeschraubtes Modell zur Berechnung einer gewünschten Zukunft. Anhand ihres eigenen „A.T. Kearney-Shale-Gas-Modell“ zeichnet jetzt das gleichnamige Düsseldorfer Unternehmensberatungsunternehmen ein recht rosiges Bild für die europäische Schiefergasförderung — pünktlich zur erwarteten Befassung des Bundeskabinetts mit dem höchstgradig umstrittenen Fracking-Fördergesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause. In seiner Pressemeldung vermeldet A.T. Kearney heute mit stolzgeschwellter Brust das Ergebnis der firmeneigenen Rechenkünste — und nebenbei, doch unverhohlen auch die Stoßrichtung seiner euphemistisch „Studie“ genannten Berechnung:

„Sollte sich die Politik in Europa dazu entscheiden, einen einheitlichen regulatorischen Rahmen zu schaffen, in Forschung für „Green Fracking“ zu investieren und finanzielle Anreize für Landeigner und Produzenten zu schaffen, könnte Schiefergas sogar noch deutlicher an Bedeutung in Europa gewinnen. Oswald: „Wenn auf politischer Ebene der Wille da ist, Schiefergas in Europa zu entwickeln, dann zeigen unsere Berechnungen ein Potenzial von knapp 100 Milliarden Kubikmetern Schiefergasförderung im Jahr 2035. Schiefergas hätte dann einen Anteil von rund 58 Prozent an der europäischen Gasförderung ohne Norwegen oder 16 Prozent am Gasverbrauch.“ Doch entgegen dem Zweckoptimismus der Industrieberater zeichnen Praxis und wissenschaftliche Betrachtungen ein anderes Bild.

So erteilte selbst die grundsätzlich pro Fracking eingestellte Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in gleich mehreren Beiträgen zur DGMK[2]-Frühjahrstagung einem deutschen Schiefergasboom eine deutliche Absage. Weder erwarten sie eine nennenswerte Ausweitung der Förderquote noch eine Auswirkung auf das Preisgefüge.[3][4][5] Dem schloss sich auch das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut im Beitrag des Herrn Bräuninger an, und selbst Herr Kalkoffen von der ExxonMobil widersprach den Szenarien nicht substantiell.

Derweil zeigt das vermeintliche Schiefergasparadies Polen, dass die Vorkommen in bisherigen Prognosen deutlich überschätzt wurden. Nachdem sich Exxon schon letzten Sommer verabschiedet hat, haben nun mit Talisman und Marathon Oil zwei weitere nordamerikanische Firmen das Handtuch geschmissen. Lediglich ein Viertel der bisherigen Bohrungen wurde überhaupt fündig und dann zumeist mit unwirtschaftlichen Fördermengen. Forscher vom staatlichen geologischen Institut befürchten bereits eine Korrektur der Vorkommen auf nur noch 1% der bisherigen Prognosen. Auch in Deutschland hat die Firma BNK Petroleum bereits mehrere Aufsuchungserlaubnisse mangels Erfolgsaussichten in Thüringen, Sachsen-Anhalt sowie jüngst in Niedersachsen zurückgegeben.

Selbst Exxon-eigene Unterlagen gehen entgegen der A.T. Kearney-Studie von einem deutlich moderateren Szenario von 10% unkonventionellem Gas für Europa im Jahre 2030 aus.[6]

Es stellt sich angesichts der ernüchternden Ergebnisse umso eindringlicher die Frage, ob für derart fragliche Vorteile es angemessen ist, die Gefährdung von Wasser und Boden in Kauf zu nehmen.

[1] PM A.T. Kearney, 13.05.2013, Bedeutung von Schiefergas steigt – Bis 2035 wird Anteil an der europäischen Gasförderung von bis zu 45 Prozent erwartet. Neue A.T. Kearney-Studie zur Schiefergasproduktion in Europa
[2] Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle e.V., Homepage
[3] DMGK, Kosinowski et al. (2013), Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland
[4] T.G. (01.05.2013), DGMK-Frühjahrstagung 2013. Zusammenfassung bzgl. Fracking
[5] Andruleit H. et al. (2013), ENERGIESTUDIE 2012 – Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen
[6] Stapelberg B; ExxonMobil (2013), Gas Angebot und Nachfrage

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