Fracking-Gesetz schadet Mensch und Um­welt

Bürgerinitiative FrackingFreies Hamburg fordert ausnahms­loses Fracking-Verbot

Menschenmenge, Stopp-Fracking-Banner

Seit Jahren wehren sich die Menschen landauf, landab gegen Fracking, wie hier in Hamburg-Bergedorf im April 2013

Am heutigen Freitag hat die Mehrheit der Regierungsfraktio­nen im Deutschen Bundestag das Fracking-Gesetz­paket ver­abschiedet. Damit ist diese risikoreiche und gefährli­che Tech­nik zur Öl- und Gasförderung aller­dings nicht – wie vielfach suggeriert – verboten. Viel­mehr ist Fracking jetzt in bestimm­ten Lagerstätten so­gar ausdrücklich erlaubt. Ham­burger Fracking-Kritikerinnen und -Kritiker bezeichnen das Gesetz als Mogelpa­ckung, weil mit ihm weiterhin alle Risiken des Fracking – von Trink­wasser-Verschmutzungen über Erd­beben und Gefähr­dung der menschlichen Gesundheit bis hin zum beschleunig­ten Kli­mawandel – in den Wind ge­schlagen werden.

Mit dem neuen Gesetz wird – von einigen Ausnahmen abge­sehen – das so genannte „unkonventionelle Fracking“ zu­nächst verboten. Gemeint ist damit das Aufbrechen von Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestei­nen mit einer ein­gepressten Wasser-Sand-Chemikalien-Mischung. Mit dem Kunstbegriff vom „konventionellen Fracking“, ei­ner Erfindung der Wirtschaftsminister Gabriel und Lies (beide SPD), haben es die Fracking-Befürwor­ter aber geschafft, insbe­sondere das Fracking im dichten Sandstein – zur Ausbeutung von Tight Gas und Tight Öl – nun ausdrücklich als genehmigungsfähig zu deklarieren. Da­bei übergehen sie geflissentlich, dass nicht nur die Bundesbehör­de für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), son­dern selbst die Gas-Industrie die Tight-Lagerstätten als unkonven­tionell bezeichnen.

Die Risiken und Gefahren der Fracking-Technik bestehen aber unabhängig von der Gesteinsart, aus der Öl und/oder Gas gefördert werden sollen. Eine Un­terscheidung in „gutes“ konven­tionelles und „gefährlicheres“ unkonven­tionelles Fracking ist daher nichts als politisch moti­vierte Augenwi­scherei. „Es liegt auf der Hand, dass diese Wortklau­berei le­diglich einen wirtschaftlichen und keinerlei wis­senschaftlichen Hintergrund hat: Sie ist maßgeschnei­dert für Niedersachsen, wo be­kanntlich das meiste Erd­gas geför­dert wird – und zwar aus dichtem Sandstein“, erklärt Dr. Dietmar Goetz, Geologe in der BI FFH, und ergänzt: „Mit der Fracking-Tech­nik können sowohl Erdgas als auch Erd­öl aus verschiedenen Formatio­nen – z. B. Schiefer, Sand­stein oder auch Kohleflöz­gesteinen – gewonnen werden. Die damit verbundenen Risi­ken und Gefahren sind aller­dings immer dieselben, weil die Technik des Aufbrechens immer diesel­be ist.“

Das Fracking zur Förderung von Tight-Gas bzw. -Öl, jetzt ver­brämt als „gutes Fracking“, hat in Norddeutschland in den letzten Jahrzehnten an die 370 Mal stattgefunden. In Nieder­sachsen hat die Erd­gasförderung nachweislich bereits mehr­fach zu Kontami­nationen von Grund­wasser und Böden und zu Erdbeben ge­führt. Dar­über hinaus gibt ein neuerdings ge­häuftes Auftreten von typischen Krebserkrankungen auch in deutschen Erdgas-Fördergebieten Anlass zu allerhöchster Besorgnis – eine Ent­wicklung, die be­reits in den Frac-Gebie­ten der USA auffällig geworden ist. Günter Pagels von der BI FFH bilanziert: „Statt jetzt im Schatten von Brexit und Fuß­ball-EM ein Gesetz zu erlassen, um weitere fossile Brennstof­fe mit Fracking aus dem Boden zu holen und damit die Ge­sundheit der Men­schen zu gefährden und den Klimawandel weiter anzuheizen, müssen wir schleunigst die Energiewende voranbringen, Energie-Effizienz steigern und Maßnahmen er­greifen, um die in Paris beschlossenen Klimaziele zu errei­chen.“

Das Fracking-Rechtsänderungspaket war im April 2015 von Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) vorge­legt worden. Nach kurzer, heftiger Debatte scheiterte die ge­plante Verabschiedung des Gesetzes und der Entwurf lande­te im Juli 2015 bei den Fraktionss­pitzen der Regierungsfrak­tionen, Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD). Dort verweil­te er, scheinbar unbearbeitet, bis letzte Woche. Am Mittwoch letzter Woche trumpfte die Öl- und Gasindustrie bei der Jah­resversammlung ihres Verbandes BVEG (Bundes­verband Erdgas, Erdöl und Geothermie e. V.) auf und kündig­te an, Fracking-Vorhaben, die sich in der Pipeline stauten, zur Not „mit der Brechstange“ durchsetzen zu wollen. Eiligst wur­de die Abstimmung über das Fracking-Rechtsänderungspa­ket am letzten Dienstag als Zusatzpunkt auf die Tagesord­nung des Bundestagsplenums gesetzt. Und erst gestern, einen Tag vor der Abstimmung, lag das revidierte Änderungs­paket den Abgeordneten vor, die heute abgestimmt und damit grünes Licht für Fracking gegeben haben.

Fracking zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas wird Umfra­gen zufolge von rund vier Fünfteln der bundesdeut­schen Be­völkerung abgelehnt. Der Vorstoß, das Gesetzpaket jetzt im Hauruck-Verfahren noch schnell vor der Som­merpause vom Stapel zu lassen, hatte einen Sturm der Entrüstung bei den Fracking-Kritikern ausgelöst. Die BI FFH hatte zuletzt in offe­nen Briefen an die beiden Bundestagsabgeordneten des Wahl­kreises Hamburg-Süd, Dr. Herlind Gundelach und Metin Hak­verdi, appel­liert, dieses Fracking-Gesetz heute im Bun­destag abzu­lehnen. Umweltverbände und Bürgerinitiativen fordern seit Jahren ein uneingeschränktes Fracking-Verbot für fossile Brennstoffe und haben bereits Widerstand gegen kommende Frac-Vorha­ben angekündigt.

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